Bundesarbeitsgericht:

Anrechnung von Sonderzahlungen auf den Mindestlohn legitim

Bundesfinanzministerium geht gegen Manipulation vor

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat entschieden, dass Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld in bestimmten Fällen mit dem regulären Gehalt verrechnet werden können. In ihrem ersten Urteil zum Mindestlohn seit dessen Einführung Anfang 2015 befanden die Bundesrichter eine Heranziehung der genannten Zahlungen zum Erfüllen der gesetzlichen Lohnuntergrenze von 8,50 Euro pro Stunde als legitim.

Voraussetzung sei allerdings die vorbehaltlose und unwiderrufliche Zahlung dieser Sonderzuwendungen als Entgelt für tatsächliche Arbeitsleistungen, vergleichbar einem 13. Monatsgehalt. Damit schloss sich das BAG der in den Vorinstanzen erfolgten Rechtsprechung an.

Geklagt hatte eine Vollzeitbeschäftigte aus Brandenburg, die vor Einführung des Mindestlohns für ihre Arbeit in einer Klinik-Cafeteria 8,03 Euro pro Stunde verdient hatte und der gemäß Arbeitsvertrag ein jährliches Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von jeweils einem halben Monatsgehalt zusteht.

In einer Betriebsvereinbarung wurde festgelegt, dass der Arbeitgeber ab Januar 2015 Urlaubs- und Weihnachtsgeld zusammenlegt und auf 12 Monate verteilt auszahlt, um so den gesetzlich geforderten Mindestlohn von 8,50 Euro zu erreichen, wodurch der Stundenlohn der Klägerin rechnerisch auf 8,69 Euro anstieg.

Die Anklage hatte vergeblich argumentiert, dass aufgrund dieser Verrechnungen die Beschäftigte praktisch "nichts vom Mindestlohn" habe und der Zweck des Mindestlohngesetzes umgangen werde, das Armut sowie drohende Altersarmut eigentlich bekämpfen solle.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts erfolgte mit vier Monaten Abstand zum Urteil der zweiten Instanz relativ schnell. Ein Grund dafür könnte sein, dass mehrere Millionen Arbeitnehmer Mindestlohn beziehen und die Frage der Anrechnung von Sonderzahlungen ein entsprechend großes Konfliktpotenzial birgt.

Ob der Mindestlohn auch als Berechnungsgrundlage für Überstunden sowie die Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit gelten muss, wie ebenfalls seitens der Anklage gefordert, wurde vom BAG indes noch nicht geklärt.

BAG vom 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16

Quelle: https://www.kkh.de/firmenkunden/a-z/kkh-news/newsletter-06-2016/anrechnung-von-sonderzahlungen-auf-mindestlohn.html

Zurück